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Die Union will laut ihrem Wahlprogramm das Selbstbestimmungsgesetz wieder abschaffen. Warum diese Transfeindlichkeit. – Anmerkungen von Wolfgang Krömer. Grafik: “Designed by Freepik” www.freepik.com
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Wolfgang KrömerModerationen/Beitragstext
Schon am 23. Februar sind Bundestagswahlen. Da wird’s Zeit, dass die Parteien ihre Wahlprogramme vorlegen. Die SPD will das am 11. Januar machen, die Grünen am 26., die FDP am 9., die Linke am 18. und BSW und AfD am 12. Januar.Schon fertig mit dem Wahlprogramm ist die CDU/CSU. Das trägt den Titel „Politikwechsel für Deutschland“. – Und das stimmt auch, wenn man sich anschaut, was die Union für Lesben, Schwule, Bisexuelle, inter- und transgeschlechtliche Menschen zu bieten hat: Genau zwei Punkte:
Punkt 1: Wir schaffen das Selbstbestimmungsgesetz der Ampel wieder ab. Der Jugendschutz und das Erziehungsrecht der Eltern dürfen nicht untergraben werden.
Punkt 2: Kein leichtfertiger Geschlechtswechsel bei Erwachsenen.
Scherzhaft kann man festhalten: Die Union hat sowohl für Jugendliche als auch für Erwachsene der Queer Community etwas zu bieten.
Dazu passt auch noch ein Angebot für Frauen: Paragraf 218 bleibt. - Schwangerschaftsbruch soll also weiterhin strafbar sein.
Das alles findet man unter dem Programmpunkt „Elternrechte stärken – Kinder- und Jugendschutz sichern“.
Im Grundsatzprogramm der CDU (also ohne CSU) aus dem letzten Jahr klang das noch ganz anders: „Wir respektieren die Vielfalt sexueller Orientierungen und geschlechtlicher Identität.“ Da wollte die CDU zwar noch an der Zweigeschlechtlichkeit festhalten, aber Zitat: „Zugleich intersexuelle und transsexuelle Menschen besser unterstützen.“ Das Credo dieses Abschnitts ist: „Wir stellen uns jeglicher Diskriminierung entgegen.“ – Bravo CDU! Aber nun, zusammen mit der CSU, muss das alles den Bach runterrutschen?
Das wirft Fragen auf! Wie kann die CDU sich jeglicher Diskriminierung entgegenstellen und zugleich trans Personen diskriminieren? Was im CDU/CSU-Wahlprogramm zwischen den Zeilen steht, ist doch eindeutig: Kinder und Jugendliche müssen vor Transsexualität und den trans Personen geschützt werden. Diese sind nicht nur gewissenlose Kinderverderber sondern wechseln außerdem aus Jux und Dollerei alle naslang ihr Geschlecht. Das ist eklig, da muss man sich schütteln. Gut, dass das nun wieder abgeschafft wird.
Ja, geht denn das so einfach, das Selbstbestimmungsgesetz wieder abschaffen? Formal betrachtet: Ja. - Das ist ein ganz normales Gesetz, dass mit einfacher Mehrheit wieder abgeschafft werden kann. Das Problem dabei: Das Selbstbestimmungsgesetz ist quasi ein Auftrag des Bundesverfassungsgerichts, weil das alte Transsexuellengesetz in großen Teilen verfassungswidrig war. - Nur Abschaffen wird das Problem nicht lösen, sondern neue Probleme schaffen. Aber eines macht die Union nun klar. Was einmal erreicht wurde, kann morgen schon wieder abgeschafft werden. Das ist ebenfalls ein Politikwechsel für Deutschland. Bis jetzt hatte immer Bestand, was erreicht wurde. Dafür wurde schließlich immer lange diskutiert. Ein Beispiel: Abschaffung des Paragrafen 175 wäre eigentlich schon sofort nach Gründung der Bundesrepublik fällig gewesen, weil auch schon im Kaiserreich und in der Weimarer Republik die Abschaffung jahrzehntelang beraten wurde. Abgeschafft wurde Paragraf 175 aber nicht 1897 sondern 1994. Schlappe 100 Jahre hat's gedauert. - Das sollte doch nun endlich mal Bestand haben.
Das alte Transsexuellengesetz ist von 1980, schon ab 1982 hat das Bundesverfassungsgericht Teile davon für verfassungswidrig erklärt. Das neue Selbstbestimmungsgesetz hat diesen Mangel nun behoben. - Liebe Union – nun mal im Ernst – Das wollt ihr wirklich wieder abschaffen? Ohne Not? Warum?
Das Warum ist schnell erklärt, sogar wissenschaftlich belegt durch eine Studie der Otto-Brenner-Stiftung und der Heinrich-Böll-Stiftung. Wer rechts ist, ist auch gern sexistisch. Das können Wahlkämpfer nutzen und noch steigern. Zitat aus der Studie: „Antifeminismus und Transfeindlichkeit sind gegenüber Sexismus stärker politisch aufgeladen. Diese in einer Gruppe der Gesellschaft weit verbreiteten Abwehrhaltungen besitzen eine große Bedeutung für die Vertreter der extremen Rechten und ihre Wahlkampagnen.“ Der Studie zufolge weisen 71 Prozent der AfD- Wählenden und 39 Prozent der CDU-Wählenden eine geschlossene Abwehr von Transgeschlechtlichkeit auf. - Übrigens: Die AfD hat sich ebenfalls schon entschieden, das Selbstbestimmungsgesetz abschaffen zu wollen.
Was können wir als Queer Community nun tun? - Wir müssen fordern, dass das Merkmal „sexuelle Identität“ in den Artikel 3 des Grundgesetzes aufgenommen wird. Dann würde ein Abschaffen – mal eben so, weil's politisch oportun ist –, nicht mehr funktionieren.